Alte Schellackplatten sollte man sehr sorgfältig behandeln, da sie leicht zerbrechen können. Bei zerbrochenen Platten kann, wenn alle Scherben noch vorhanden sind, als letzte Rettung versucht werden, die Einzelteile auf dem Leuchttisch wieder zusammenzukleben. Das war hier nicht nötig.
Die Schellacks benötigen eine spezielle Nadel mit 65µm Verrundungsradius und natürlich einen Plattenspieler mit 78er Drehzahl. Manche Zeitgenossen möchten die Störungen gar nicht reduzieren, um die „alte Anmutung“ zu erhalten. Das ist sicher eine Frage des Geschmacks.
Die Aufgabe war, ein 50 Jahre altes Band mit der einzig verbliebenen Aufnahme einer Orgel wieder hörbar zu machen. Wie gut, dass wir noch eine passende Revox B77 in gutem Zustand hatten. Und das „Spectral Repair Tool“ von izotope, mit dem man einige Schwächen des alten Bandes, z.B. DropOuts, ein bisschen verbessern kann. DropOuts entstehen, wenn die magnetische Schicht des Bandes sich durch Alterung stellenweise auflöst.
Beispiel; vorher/nachher:
(Da es um Feinheiten geht, bitte mit guter Anlage oder Kopfhörer anhören!)
Das Bild unten zeigt den DropOut aus dem Beispiel im Spectral Repair Tool von Izotope. Auf der x-Achse läuft die Zeit, auf der y-Achse sehen wir die Frequenz und die Amplitude wird als Leuchtdichte angezeigt. In der unteren Spur ist der Verlust der Information klar zu sehen und der „Riss“ kann mit „Spektralmaterial“ aus der Umgebung aufgefüllt werden – so ähnlich wie mit dem Stempelwerkzeug in Photoshop. Das klingt einfacher, als es in der Praxis ist, denn man möchte die Reparatur nicht hören. Wenn man zur Füllung ungeeignetes Material auswählt, stört das noch schlimmer als vorher.
Hören Sie im AB-Vergleich das stark knackende und knisternde Original und die gewaschene, nass abgespielte und entknackte Platte. Beim Klick auf „Play“ werden zwei synchronisierte mp3-Dateien mit je 256 kbit/s gleichzeitig abgespielt, die Sie beliebig umschalten können.
Für eine Kundin haben wir eine nicht mehr abspielbare, alte Schallplatte gerettet. Die Schallplatte war in so schlechtem Zustand, dass der Tonabnehmer des Plattenspielers bereits nach wenigen Sekunden buchstäblich „aus der Rille“ flog. Alte Schallplatten sind leider oft durch falsche Lagerung und recht lieblose Behandlung in bemitleidenswertem Zustand, obwohl sich wundervolle Musik darauf befindet. Besonders bei klassischer Musik oder Jazz stört das „Lagerfeur“ mit Knackern und Knistern dann besonders und verhagelt den Genuss der Musik – falls die Schallplatte überhaupt noch gespielt werden kann. Beim folgenden Beispiel waren wir erst mal recht skeptisch, ob wir diese Platte retten könnten.
Hören Sie hier einen Ausschnitt mit dem Originalzustand der Platte:
Nach einigen „Waschgängen“ mit doppelt destilliertem Wasser, Isopropanol und dem Einsatz der digitalen Restaurationswerkzeuge hier das Resultat:
Großes Ehrenwort: Das ist wirklich die gleiche Schallplatte 🙂